Konzert-Rezension: Jeung-Beum Sohn

Kammerkonzert

 

Sonntag, 17. November 2019

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Jeung-Beum Sohn - Klavier

Der Pianist Jeung Beum Sohn bot seinem Publikum ein Konzert der Extraklasse. Foto: Axel Engels


Westfälische Nachrichten vom 19.11.2019

von Axel Engels

Eine Lehrstunde feinster Pianistik

Der Klavierabend mit dem Pianisten Jeung Beum Sohn ließ ein restlos begeistertes Publikum zurück.

Telgte. Bereits zur Pause Bravo-Rufe aus dem Saal – der Pianist Jeung Beum Sohn hat am Sonntag im Rahmen der Kammermusikabende diese renommierte Reihe um eine exquisite Facette bereichert. Sein Klavierabend war wie eine inspirierende Lehrstunde feinster Pianistik. Die Münsteraner Klavierklasse von Professor Arnulf von Arnim entwickelt sich zu einer wahren Solistenschmiede, nach dem Gewinner des Horowitz-Klavier-Wettbewerbs in Kiew, Junhee Kim , wird auch Jeung Beum Sohn aus dem Studium heraus direkt in die vorderste Reihe der jungen Pianistengeneration aufrücken.

 

Für sein Konzert im Bürgerhaus hatte der Gewinner des 66. Internationalen Musikwettbewerbs der ARD in München sich ein Programm zusammengestellt, das an spieltechnischen und interpretatorischen Schwierigkeiten fast nicht zu überbieten ist. Die „Sonate a-Moll D. 784“ von Franz Schubert nimmt unter den Klavierwerken Schuberts eine Sonderstellung ein. Sie zeigt stilistisch seine Umbrüche vom klassizistischen zum romantischen Stil. Meistens wird sie „virtuos“ vorgetragen, wobei die reine Spieltechnik im Vordergrund tritt. Aber ganz in der Tradition von Wilhelm Kempf und Heinrich Neuhaus spielte Jeung Beum Sohn sie mit einem stark lyrischen Ansatz, wusste die kleinsten dynamischen Schattierungen in den stetigen Melodiefluss zu integrieren. Da musizierte ein Künstler, der sich ganz intensiv mit einem Werk auseinandergesetzt hat, das bei aller „Größe“ eben Sensibilität und Klangsinn verlangt. Selten hat man den langsamen Mittelsatz so innig und ausdrucksstark gehört wie an diesem Abend. Danach dann die „Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111“ zu spielen, trauen sich nur wenige Pianisten zu. Denn dieses zwei-sätzige Werk mit ihrem tiefsinnigen Gehalt ist wie ein Ende ohne Ausweg, ein mitreißendes Verstummen des großen Komponisten. Sie nur technisch brillant zu spielen, reicht nicht, und Jeng Beum Sohn wirkte da wie ein Maler auf der Klangfarbentastatur. Selten hat man dieses große Werk so reif und trotzdem lebendig gehört wie an diesem Abend.

 

Nach der Pause ging es dann „fantastisch“ weiter. Mit der „Sonate Nr. 5 Fis-Dur op. 53“ von Alexander Skrjabin erklang ein Werk, das einen feinsinnigen Einblick in die ganze Ausdruckswelt dieses charismatischen Komponisten gibt. In Zeiten der damals modernen spiritistischen Sitzungen hatte Skrjabin gerade einen Weg zur Mystik gefunden und dies hat tiefe Spuren in der Sonate hinterlassen. Denen spürte Jeung Beum Sohn mit Akribie und Feinsinn nach, wusste die kleinsten Schattierungen in ein gelungenes Interpretationskonzept einzufügen. Diesem Werk stellte er als klangmalerischen Kontrast den hochvirtuosen „Gaspar de la nuit“ von Maurice Ravel entgegen. Auch hier bestach die kultivierte Spielweise des Pianisten, der es nicht auf äußere Effekte anlegte, sondern den in Musik gefassten Bildern nachspürte.

 

Als krönender Abschluss erklang die orientalische Fantasie „Islamey“ von Mili Balakirew. Dieses 1869 komponierte und 1902 revidierte Werk gilt als ein virtuoses Paradestück überhaupt. Da konnte er seine perfekte Technik einbringen und mit diesem populären Werk seinem Konzert ein würdiges Finale geben.