Konzert-Rezension: Gerhard Vielhaber

Kammerkonzert

Sonntag, 14. Dezember 2014

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

(Publikumswunsch)

Pianist Gerhard Vielhaber bekam viel Applaus für seine Darbietungen im Bürgerhaus.


Westfälische Nachrichten vom 16.12.2014

von Arndt Zinkant

Konzert mit Format und Tiefe

Pianist Gerhard Vielhaber begeistert am Sonntagabend

Telgte. Der Titel des Konzerts passte gut zur Kälte vor der Tür - “Winterreise”. Pianist Gerhard Vielhaber ließ den bekannten Liederzyklus “Die Winterreise” von Schubert lebendig werden. Er ließ das Klavier erzählen, die Musik beben, raunen und singen. Und dafür benötigte er keinen Sänger und keinen Text. Das, was Franz Liszt aus der wunderbaren Vorlage später für Klavier solo gemacht hat, war Erlebnis genug. So wie der gesamte Klavierabend des 32-jährigen Meisterpianisten, der das Publikum im Bürgerhaus restlos begeisterte.

 

Die Telgter Klassik-Freunde wussten, wen sie sich da erneut ins Haus geholt hatten. Bereits vor sieben Jahren hatte Gerhard Vielhaber die Zuhörer als “Einspringer” erobert. Auch als Mitglied des Mariani-Klavierquartetts war der junge Klavierprofessor schon hier aufgetreten. Am Sonntag gab Vielhaber ein Konzert mit Format und Tiefe.

 

Das merkte man bereits am Programm. Kein “äußerliches” Show-Stück fürs schnöde Brillieren fand sich darin. Brillante Technik war hier stets Mittel, nie Selbstzweck. Nach einem konzentriert und innerlich gespielten Bach kam die erste Woge der Emphase und des Ausdrucks vom Podium: Leos Janácek - der immer noch zu wenig gespielte Tscheche, der die Ausläufer der Spätromantik mit kantigem Expressionismus zu verbinden wusste. Seine Sonate “1.X.1905, Von der Straße” verarbeitet die Eindrücke eines Todesfalls. Ein protestantischer Student war auf der Straße von der Obrigkeit erschossen worden. Tatsächlich gemahnen die zwei Sätze an expressionistische Bilder: Eine kraftvolle Palette an (Klang-)Farben, mit wildem Strich gemalt. Und Vielhaber spürte dem nach, ohne zu übertreiben. Zu viel Pathos wäre dem Komponisten zuwider gewesen; Janácek hatte damals seinen letzten Satz als “zu vulgär” empfunden und ins Feuer geworfen.

 

Aber der romantische Überschwang, den Robert Schumann in seinen “Drei Romanzen Opus 28” komponierte, darf, ja muss so schwelgerisch gespielt werden. Schließlich waren sie seiner Verlobten Clara zugedacht. Nach der Pause dann Schuberts “Winterreise”, wie Liszt sie empfand. Er hatte nicht einfach die Singstimme ins Klavier verlegt, sondern auch seiner Fantasie Raum gelassen.

 

Und tatsächlich war Liszts einmalige Handschrift zu hören, sei es beim “Leiermann”, dieser eisig klammen Todesfantasie, oder beim melodischen Zauber des “Lindenbaums”.