Konzert-Rezension: Kimiko Imani

Kammerkonzert

Sonntag, 21. September 2008

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Kimiko Imani - Klavier


Westfälische Nachrichten vom 23.09.2008

von Dr. Johannes Hasenkamp

Intimität der feinen Töne

Pianistin Kimiko Imani begeisterte Zuhörer zum Auftakt der Konzertsaison

Telgte. Fast auf den Tag genau vor einem Jahr betrat die japanische Pianistin Kimiko Imani die Bühne des Bürgerhauses, seinerzeit zusammen mit dem Oboisten Pavel Sokolow - auch damals zur Eröffnung der Konzertsaison des Kultur-Freundeskreises. Diesmal begann sie mit der Beethoven-Sonate Nr. 17 in d-moll op. 31.2, einer seinerzeit neuen modernen Musik, die als avantgardistisch empfunden wurde. In ihr bricht nach zwei Takten Largo der Sturm im Allegro los. Beethoven selbst hat als Verständnishilfe auf Shakespeares Schauspiel „Der Sturm“ hingewiesen.

 

Imani hatte mehrmals den Kontrast Largo-Piano zu Allegro-Forte zu interpretieren. Sicherlich kann man das Allegro effektvoller spielen, doch Effekthascherei ist nicht ihre Art. Es gelang ihr, eine intime Stimmung, ein feines – geradezu geheimnisvolles – Piano zu zaubern, klar und ohne dass ein Ton unterging, und dem Allegro eine Kraft zu geben, die den Kontrast wirkungsvoll werden ließ.

 

Aus den wiederholten dynamischen Gegensätzen entwickelte sie nahtlos den rezitativischen Gesang des Hauptthemas. Auch im zweiten Satz konnte sie erst spät das eigentliche Thema entwickeln in einem pianistischen Stil, der einfach und natürlich wirkt, zum Hinhören auffordert und bei jedem Ton präsent ist. Das Allegretto erhielt geradezu walzerhafte Leichtigkeit zwischen der Melancholie und dem Vorwärtsdrängen der Musik.

 

Das kann man gewiss stürmischer spielen, doch diese klassische Ausgewogenheit bestimmte nicht nur die Beethoven-Sonate, sondern den ganzen Abend. Also auch die Schubert-Impromptus op. 90 Nr. 2 in Ges-Dur und Nr. 4 in As-Dur. Die ruhige, souveräne Phrasierung, poetische Dichte und klare Gliederung boten ein beglückendes Erlebnis. Flüssiges Spiel und Steigerungen, leuchtende Perlenketten am Piano und federnd kräftiger Anschlag wurden in einem überzeugenden Maß klanglich verwirklicht.

 

In einen völlig anderen Bereich stieß die Pianistin mit Wagners „Isoldes Liebestod“ aus „Tristan und Isolde“ in der Umsetzung für Klavier von Franz Liszt vor. Gefühlsgeladenheit erhielt eine deutlich klarere, sachlichere Struktur und Spannung.

 

Der zweite Teil bot Chopin. Die vier Walzer wurden von der Pianistin geradezu körperlich mitgelebt. Prägnant der energische Bass im ersten Walzer, spielerische Leichtigkeit in der Unabsichtlichkeit des Improvisierens im zweiten, ruhige Nachdenklichkeit mit natürlichem Fluss im dritten und ein beschwingter Walzer im vierten - und das alles unter leichter Melancholie. Die düstere Dichtung der Ballade Nr. 1 op. 23 ließ Imani nach stürmisch auf- und absausenden Läufen mit niedersausenden Fortissimo-Oktaven enden. In schöner Ruhe folgte als Zugabe noch eine Schubert-Bearbeitung von Liszt, obwohl Imanis Zug schon bald abfuhr. Ein schneller Abschied, hoffentlich auch ein Wiedersehen!