Konzert-Rezension: Casal Quartett

Kammerkonzert

Sonntag, 18. November 2007

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Rachel R. Späth - Violine

Daria Zappa - Violine

Markus Fleck - Viola

Andreas Fleck - Violoncello


Westfälische Nachrichten vom 20.11.2007

von Dr. Johannes Hasenkamp

Das Publikum erlebte Weltklasse

Casal-Quartett gastierte im Bürgerhaus

Telgte. Es war nicht zu viel versprochen, als Tobias Köhler, Leiter der Konzertreihe des Kultur-Freundeskreises, einen ganz besonderen Abend ankündigte. Es war ihm gelungen, das 1996 gebildete Casal-Quartett (kein Bezug zu dem spanischen Cellisten Pablo Casals) nach Telgte zu holen. Die Konzertbesucher erlebten Weltklasse.

 

Rachel R. Späth und Daria Zappa, die sich am ersten Pult abwechselten, Markus Fleck, (Viola) und Andreas Fleck (Violoncello) boten Musik von Arriaga, Janacek und Dvorak. Das Programm schien nicht viel Besonderes zu verheißen. Manchem mag allerdings der Name des aus Bilbao stammenden Komponisten Juan Christomo de Arriaga kaum bekannt gewesen sein. Kurz vor seinem Tode 1826 schrieb er in Paris ein Streichquartett. Da mochte man ein liebenswürdiges Frühwerk erwarten, doch nicht ein Quartett von solcher Reife, solchen Melodien, so geistreicher Verarbeitung, voll von barocken und romantischen Zügen, unbekümmertem Nebeneinanderstellen von haydnsch lebhaften Klängen und dunklen, fast geheimnisvollen Zügen. Ein spanischer Mozart.

 

Beim Casal-Quartett traf das Werk offenbar auf Wesensverwandtschaft. Schon der Beginn mit temperamentvollem Zugriff und kräftiger Dynamik, deutlichem Herausstellen der Themen und Neigung zu geradezu explosiver Heftigkeit machte deutlich, dass dieses Streichquartett Nr. 3 Ex-Dur kein leichtgewichtiges Einspielstück ist. Neben kurzen Ausbrüchen standen lange dramatische Steigerungen, das Menuetto wartete mit einem leichtfüßig hüpfenden Thema auf. Und nicht erst hier zeigte sich, wie zart und fein fast bis zur Unhörbarkeit "casal" spielen kann.

 

Zwei unterschiedliche und doch in ihrer Melodik verwandte, durch böhmische Musizierfreude verbundene Werke folgten. Höhepunkt des Abends wurde Janaceks Streichquartett Nr. 1 "Kreutzer-Sonate". Hilfreich beim Hören war Tolstois "Kreutzersonate", die Janacek, ein Kämpfer für die Rechte der Frau, in der Tendenz leicht verändert hat. Man mochte das Werk als Ergänzung zu seinen Opern "Katja Kahanova" und "Jenufa" hören.

 

Dieses schwergewichtige Werk bot dem Casal-Quartett eine Fülle von Gelegenheiten, mit Härten im Klang und Rhythmus, mit dramatischer Leidenschaft und abruptem Wechsel, mit betörend schönen und ruhigen Melodien und Passagen der Frau, die dem brutalen Mann knallhart entgegengestellt wird, seine bezwingenden Ausdrucksmöglichkeiten zu zeigen. Man kam beim Zuhören schier außer Atem! Ohne innere Bewegung ist - vor allem im letzten Satz - die lange Kantilene der ersten Geige und der tiefe Ernst in dieser Zusammenfassung menschlichen Horrors wohl nicht zu erleben.

 

Man merkte es am Ende den vier jungen Streichern an, wie sehr sie im Spielen die Auseinandersetzung innerlich miterlebt hatten. Da war vergnügt prasselnder Beifall zu erwarten. Alle fesselnde Kunstfertigkeit der Spieler war nochmals in Dvoráks Streichquartett F-Dur op. 96, dem "Amerikanischen", zu erleben. Das war mitreißend auf eine ganz andere Weise.

 

Abermals eine ganz andere Welt bot die Zugabe, eine eigens für das Quartett komponierte, leicht ironische Paraphrase über Melodien aus Gerswhins Oper "Porgy und Bess". Wiederkommen!