Konzert-Rezension: Gerhard Vielhaber

Klavierkonzert

Sonntag, 25. März 2007

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Gerhard Vielhaber - Klavier


Westfälische Nachrichten vom 27.03.2007

von Dr. Johannes Hasenkamp

Virtuoser Vertreter

Der Pianist Gerhard Vielhaber spielte im Bürgerhaus

Telgte. Wenn ein Musiker ausfällt, wird es spannend. Wer kommt? Kennen wir den? Ist der gut? Was spielt er? Nun, am Sonntagabend sprang der gerade 25-jährige Pianist Gerhard Vielhaber aus Attendorn für Enikö Bors ein. Von "Ersatz" zu sprechen, wäre falsch. Natürlich bot Vielhaber neim Kammerkonzert des Kultur-Freundeskreises ein anderes Programm, doch vor allem: Er überzeugte.

 

Der junge Pianist ist keiner von denen, die schon durch ihr Auftreten für sich einzunehmen versuchen. Ernst, ruhig, doch bestimmt tritt er zum Flüge. Im Bürgerhaus, ihm aus zurückliegenden Zeiten bekannt, nahm er das Mikrofon und führte mit einigen schlichten Sätzen in die Kompositionen ein. So auch in die Chaconne, den fünften Satz der d-moll-Partita BWV 1004 für Violine solo von Bach. Sie wurde von dem italienisch-deutschen Komponisten Ferruccio Busconi auf das Klavier übertragen.

 

Bach-Puristen ein Gräuel zeigt dieses Werk die Bearbeitung eines romanischen Musikers der alle Möglichkeiten des modernen Klaviers nutzt. Aus dem Klang der Violine wird orchestrale Fülle. Rauschende Läufe stehen neben stille, fast entrückten Passagen, majestätische Klänge neben gehämmerter Akkordik, Steigerungen und extremem Umfang. So entstand ein großartiges Klavierstück, in dem Bachs Chaconne immer wieder durchscheint. Vielhaber konnte hier bereits seine ganze Virtuosität einsetzen und Gespür für feine Nuancen, für das in Noten nicht auszudrückende zeigen.

 

Ähnlich vielseitig fordern Schumanns Fantasiestücke op. 12 den Pianisten. In ihnen lebt die Liebezu Clara und zugleich die Fantastik von Schumanns Lieblingsdichter E. T. A. Hoffmann, des Dichters der "Fantasiestücke in Callots Manier". Bei dem französischen Radierer Callot stehen unterschiedliche Szenen nebeneinander. So auch bei Hoffmann und Schumann. Vielhaber verwirklichte in seiner Interpretation das Innige wie das Leidenschaftliche. Ruhiges Verweilen und Nachsinnen standen geradezu explosiven Ausbrüchen gegenüber.

 

Diesem romantischen Empfindungsreichtum folgten die Sonaten h-moll K 87 und G-Dur K 55 von Domenico Scarlatti, zwei gegensätzliche Stücke, die in klassischem Gleichmaß und leuchtender Klarheit Vielhabers Sinn für Feinheiten und helle Durchsichtigkeit entgegenkommen.

 

Danach blieb kaum ein Zweifel, dass Vielhaber die extremen Anforderungen in Beethovens letzter Klaviersonate op. 111 meistern würde. Er tat das mit technischer Sicherheit, die dem Hörer erlaubt, sich ganz auf die Erlebniswelt des Werkes einzulassen.

 

Danach durfte man gespannt sein, was als Zugabe folgen würde. Vielhaber wählte Bachs ebenfalls von Busoni bearbeitetes Choralvorspiel "Ich ruf zu Dir" und führte die Zuhörer damit zurück an den Beginn des Konzertes, doch diesmal ganz still und besinnlich. Der Beifall dankte für einen vielleicht überraschenden, jedenfalls schönen Abend.