Konzert-Rezension: Mandelring Quartett

Kammerkonzert

Sonntag, 24. September 2006

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Sebastian Schmidt - Violine

Nanette Schmidt - Violine

Roland Glassl - Viola

Bernhard Schmidt - Violoncello


Westfälische Nachrichten vom 26.09.2006

von Dr. Johannes Hasenkamp

Ein Ständchen für Schostakowitsch

Mandelring-Quartett spielte am Vorabend seines 100. Geburtstages im Bürgerhaus

Telgte. Sie musizierten sozusagen in den 100. Geburtstag des russischen Komponisten hinein. Beim ersten Konzert in der neuen Kammermusiksaison des Kultur-Freundeskreises am Sonntagabend im Bürgerhaus spielte das fabelhafte Mandelring-Quartett das erste Streichquartett C-Dur op. 49 von Dimitri Schostakowitsch aus dem Jahr 1938 und das zweite in A-Dur op. 68 von 1944. Der Komponist wäre gestern 100 Jahre alt geworden. Dazwischen gedachten die Musiker Mozarts, dessen 250. Geburtstag in diesem Jahr begangen wird, mit seinem "Dissonanzen-Quartett" C-Dur KV 465.

 

Die Musiker mit dem klangvollen Namen Mandelring - genannt nach einer Straße, an der das Elternhaus mehrerer Ensemble-Mitglieder liegt - nahmen sich höchst feinfühlig der Quartette des Russen an. Die Werke charakterisieren zwei Stationen seines Lebens. Der Komponist hat sich immer - teils unter irreführenden Titeln - musikalisch zur eigenen Situation geäußert. Beim ersten Quartett ist es die befreite Stimmung, nachdem er die vernichtende Kritik über seine Oper "Lady Macbeth" überwunden hatte, die zwei Jahre zuvor in der Prawda erschienen war. Beim zweiten Streichquartett standen die Menschen im eingeschlossenen Leningrad des Jahres 1944 Pate.

 

Wer andere Werke des Komponisten kennt, mochte seinen Ohren nicht trauen, als das C-Dur-Quartett erklang. Schostakowitsch bezeichnete es selbst als "frrühlingshaft". Es ist ein höchst friedliches, um nicht zu sagen zahmes Stück, wenngleich immer wieder auch der geistvoll-ironische Komponist durchblitzt.

 

Das Mandelring-Quartett erwies sich als außerordentlich feinfühlig und differenziert spielende, prächtig aufeinander eingehende Gemeinschaft, an der immer wieder die Durchsichtigkeit und die Leichtigkeit erfreuten. Das gilt auch und nicht nur für das "Dissonanzen-Quartett" von Mozart, sondern vor allem für das zweite Schostakowitsch-Quartett mit all seiner Gegensätzlichkeit.

 

Da werden, wohl um nationales Bewusstsein zu zeigen, slawische Klänge eingesetzt, reißt das kraftvolle Vorwärtsdrängen des ersten Satzes mit. Da fesseln vor allem die originellen Mittelsätze. Da siegt in Rezitativ und Romanze die erste Violine wie ein ernster und trauriger Einsamer vor dem undeutlich dunklen, gefahrvollen Hintergrund. Da brechen im Mittelpunkt alle vier Instrumente in Verzweiflung aus, die in die erneute Solo-Klage der Violine mündet. Sie klingt trostlos leise aus. Solch einen Satz wohl nur ein Schostakowitsch schreiben.

 

Kaum weniger originell ist der anschließende Walzer, der wie ein düsterer, zwischendurch dramatisch ausbrechender Totentanz wirkt. Was in Leningrad geschrieben wurde, hat auch heute noch Bestand.

 

Da war die Zugabe der Spieler vom Mandelring-Quartett treffend gewählt: Ein kurzer, humorvoller und witziger Satz wieder von Schostakowitsch und wieder eine andere Seite des Komponisten.