Konzert-Rezension: Klaus Sticken

Kammerkonzert

Sonntag, 30. Oktober 2005

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Klaus Sticken - Klavier


Westfälische Nachrichten vom 01.11.2005

von Dr. Johannes Hasenkamp

Brückenbauer zwischen den Komponisten

Klaus Sticken spielte beim Kultur-Freudeskreis Musik von Mozart und Liszt

Telgte. Wolfgang Amadeus Mozart und Franz Liszt - unvereinbare Gegensätze? Der hannoversche Pianist Klaus Sticken vereinbarte die Gegensätze am Sonntag im Konzert des Kultur-Freundeskreises im Bürgerhaus. Er fand eine zunehmend begeisterte Hörerschaft für sein wahrlich besonderes Programm: Vor der Pause Mozart, danach Liszt, jeweils mit eher selten zu hörenden Werken.

 

Sticken selbst versuchte in seinen Einführungen zu den Werken Brücken zwischen beiden Komponisten zu bauen. Beide seien große Pianisten gewesen, beide Wunderkinder, beide viel gereist. Doch der eine habe Wiener Klassik verkörpert, der andere virtuos-exzentrische Romantik. Sticken hatte zudem virtuose Stücke gewählt und baute durch seine Art, Klavier zu spielen, ebenfalls Brücken: außerordentlich klar und präzise, unpathetisch, mit bewundernswerter Beweglichkeit und ohne jeden Schwulst.

 

Mozarts "Neun Variationen über ein Menuett von Duport" KV 573 lassen nichts von der Enttäuschung spüren, die Mozart im April 1787 in Potsdam erlebte, als ihm die gewünschte Audienz mit König Wilhelm II. versagt blieb. Er fand in einer Cellosonate von Jean Pierre Dupont eine hübsche, volkstümliche Melodie und hinterließ gewissermaßen als Visitenkarte eines seiner schönsten Variationenwerke. Der Pianist spielte das hohe Geläufigkeit fordernde Werk wie ein blitzendes Juwel. Er ließ es nicht einfach abschnurren, sondern setzte kleine Akzente.

 

Das Rondo a-moll KV 511 für den "liebsten besten Freund", Graf von Hatzfeld, wurde unter Stickens Händen weniger eine Trauermusik, obwohl ein Seufzermotiv den ersten Satz bestimmt, als ein ernstes zwischen Dur und Moll schwankendes Nachsinnen über den Tod.

 

Kraftvoll drängend folgte die Sonate a-moll KV 310, die in Paris nicht lange vor dem Tod der Mutter entstand. Der erste Satz klang mehr nach Sturm und Drang als nach Schicksalsschlägen. In seiner Ruhe gegensätzlich, wenn auch ernst, kontrastierte mit energischem Einsatz der Bassregion das "Andante cantabile con espressione". Leichtfüßig, flott, doch sehr konzentriert schloss das Presto die im 19. Jahrhundert viel gespielte Sonate. Man sah in ihr den tragischen Mozart, der seinerzeit die Vorstellungen prägte.

 

Ideal wäre gewesen, wenn zu Liszts "3 Sonetten nach Petrarca" Texte vorgelegen hätten. Sie wurden zu feinfühligen, vielfarbigen Bildern von zart und sanft bis zur Ekstase, eine Poesie in kräftigen Farben.

 

Liszt, der so vielen Künstlern geholfen hat, spielte selbst selten Mozart. Das war nicht seine Welt. Diese fand er am ehesten in Mozarts "Don Giovanni". Bezeichnend ist auch, dass er seine "Reminiscenses de Don Juan" mit der letzten Szene aus dieser Oper eröffnete. Das ergab ein schweres, dramatisches "Grave" mit donnernden Bässen. Das umwerfende Tastenfeuerwerk kam danach mit den Variationen über "Reich mir die Hand..." und der furiosen Champagnerarie. Da war nicht zuletzt die Klangphantasie Liszts zu bewundern. Pianistisch begeisterte die leuchtende Klarheit der Wiedergabe mit kleinen, feinen Akzenten.

 

Nach diesem pianistischen Gewaltakt ließen die Hörer nicht locker und erhielten ein "Wanderlied" in der Bearbeitung des Komponisten.