Konzert-Rezension: Philharmonia Quartett Berlin

Kammerkonzert

Sonntag, 19. September 2004

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Daniel Stabrawa, Violine

Christian Stadelmann, Violine

Neithard Resa, Viola

Jan Diesselhorst, Violoncello


Westfälische Nachrichten vom 21.09.2004

von Dr. Johannes Hasenkamp

Zupfen des Cello glich einem pochenden Herzen

Philharmonia Quartett Berlin spielte zum Auftakt der Kammerkonzertsaison

Telgte. Das war kühn! Zwischen zwei bekannte und rundum anerkannte Werke stellten die vier Stimmführer der Berliner Philharmoniker das Streichquartett eines hier zu Lande völlig unbekannten Komponisten. Das Streichquartett Nr. 1 (1924) des tschechischen Komponisten Erwin Schulhoff spielten Daniel Stabrawa und Christian Stadelmann, Violinen, Neithard Resa, Bratsche, und Jan Diesselhorst, Cello, zwischen Mozarts Streichquartett G-Dur Nr. 14 KV 387 und Schuberts Streichquartett a-moll op. 29. Das nur knapp 16 Minuten dauernde, kapriziös funkelnde und leicht slawisch-melancholische Werk erregte die Aufmerksamkeit nicht nur, weil es unbekannt, sondern vor allem weil es in den angewandten Mitteln ungewöhnlich und obendrein rhythmisch mitreißend war. Der Auftakt der Kammerkonzertreihe 2004/2005 bot also nicht nur von den Aufführenden - dem Philharmonia Quartett Berlin -, sondern auch vom Programm etwas Besonderes.

 

Schulhoffs höchst originelles Streichquartett stellt drei kurze lebhafte Sätze vor einen längeren, ruhigeren. Musizierfreude, mitreißende Rhythmen, reichliche und wirkungsvolle Verwendung aller Streicherkünste wie Glissandi, Pizzikati und Flageolett kennzeichnen seine Schreibweise. Explosive Ausbrüche und hauchzarte Partien stehen nebeneinander.

 

Wohl keiner wird das ostinate Zupfen des Cellos im letzten Satz vergessen – wie das Pochen eines Herzens, das schließlich unregelmäßiger wird und aussetzt. Das war spannend und auch gestalterisch ein Leckerbissen. Höchste Spielkultur bestimmte auch die anderen Werke des Abends, zunächst das erste der sechs Haydn-Quartette von Mozart. Spürbar wurde, wie Mozart hier angesichts seines großen Vorbildes nicht einfach frisch drauflos musizierte, sondern sehr überlegt gestaltete. Die oft unmittelbar aufeinander folgenden dynamischen Gegensätze machten das Ringen Mozarts mit dem Werk deutlich.

 

Kennzeichnend für die Spielweise des Quartetts waren den ganzen Abend über die Piano-Pianissimo-Stellen, die von größter Spannung erfüllt waren. Schuberts Rosamunde-Quartett ließ das gleich zu Beginn wieder spüren: gedrückte Stimmung mit Ausbrüchen. Die Kunst der Gestaltung weiter melodischer Bögen kam schon in Mozarts Andante Cantabile wunderbar zur Wirkung.

 

Zuletzt mündete alles in einem schier nicht enden wollenden melodiösen Musizieren des Schlusssatzes. Dem nachdrücklichen Beifall antworteten die Philharmoniker mit einem Scherzo von Beethoven. Ein viel versprechender Auftakt der Kammerkonzertsaison!