Konzert-Rezension: Calmus Ensemble

Kammerkonzert

Sonntag, 16. November 2003

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Anja Lipfert, Sopran

David Erler, Countertenor

Sebastian Krause, Countertenor

Martin Lattke, Tenor

Ludwig Böhme, Bariton

Ulrich Barthel, Baß


Westfälische Nachrichten vom 18.11.2003

von Dr. Johannes Hasenkamp

Verblüffende Sangeskunst begeisterte die Zuhörer

Telgte. Der geheimnisvolle Name Calmus-Ensemble ließ nicht vermuten, was da am Sonntagabend beim Kammerkonzert des Kultur-Freundeskreises zu erwarten war. Ein seltsames Ensemble trat da auf mit einer Sopranistin (Anja Lipfert), zwei Countertenören (David Edler und Sebastian Kruse), je einem Tenor (Martin Lattke), einem Bariton (Ludwig Böhme) und einem Bass (Ulrich Barthel). Sie boten eine musikalische Reise durch England, Italien, Frankreich und Deutschland.

 

Aus der ursprünglich aus dem Thomaner-Chor stammenden Gruppe ist bereits ein Countertenor ausgeschieden, einer dessen Vornamen mit "C" begann. Nimmt man die Anfangsbuchstaben der Vornamen der übrigen Sänger, so ergibt sich "Calmus".

 

Es wurde schnell deutlich, dass der Veranstalter mit der Wahl de hier zu Lande kaum bekannten, sehr jungen Ensembles einen guten Griff getan hatte. Mochte die Formation manchen an die Kings-Singers oder die 6-Zylinder erinnern, die Calmisten boten mehr Ernst und mehr Freude zugleich.

 

Vor der Pause gab es eine aufschlussreiche Gegenüberstellung. Auf einen Bach-Satz folgte jeweils ein romantisches Werk, so auf Bachs "Kyrie Gott Vater in Ewigkeit" Regers "Morgengesang". Dazwischen geschaltet wurden ferner Brahms "Es ist das Heil uns kommen her", Verdis "Pater noster" und Schuberts "Heilig ist der Herr" (wunderbar still und durch die Mehrstimmigkeit doch belebt, frei von jedem kitschigen Geschmalze). Noch einmal wurden aus Regers "Geistlichen Gesängen" sein "Agnus Dei" vorgetragen und später Joseph Gabriel Rheinbergers "Abendlied".

 

Bachs Klarheit und genaue Texdeutung stand gegen sensible und kunstreiche Romantik. Das ergab aufschlussreiche Gegensätze, forderte ein konzentriert stilles Hinhören auf die abwechslungsreiche, vor allem die klangliche Verwirklichung der zumeist geistlichen Kompositionen.

 

Schnell wurde deutlich, dass alle Sänger aus derselben Stimmbildung kamen. Als sei es einfach und natürlich, sangen die Sechs ohne Dirigenten in Einklang und das mit differenziertem Ausdruck und reicher Dynamik. Das kraftvolle Forte sparten sie zumeist für den zweiten Teil. Noch beeindruckender war, wie die Gruppe selbst Pianissimi klingen ließ. Dass die Durchhörbarkeit der Stimmen leichter war als bei den meisten Chören wunderte nicht.

 

Ludwig Senfls virtuoses Madrigal "Das Geläut zu Speyer" läutete den zweiten Teil ein. Hier ging es ebenso diszipliniert, doch weitaus lockerer zu. Das stellte höchste Anforderung an die Sauberkeit des Singens, die Exaktheit und die Einigkeit im gemeinsamen Tun. Hans Leo Hasslers "Tanzen und Springen" hätte man mitsingen mögen. Johann Stephanis "Kuckuck" bot Ulk mit Vogelrufen und bei Fredericic "Ach nun muss ich scheiden" kamen einem fast die Tränen, als er seinem "Tausendschätzlein" nachsah. Jacques Arcadelts Trauer in "Domendo un giorno" war auch ohne Italienisch-Kenntnisse nachzufühlen.

 

Der schnellzüngige Kaffeeklatsch zweier Frauen über den frischvermählten Gatten von Pierro Passereau in "Il est bel et bon" wurde in der Virtuosität der Komposition wie in der Wiedergabe noch durch Clemens Jannesquins "La Guerre" überboten. Wie schrecklich-schön Trauer und Liebeskummer sein können, zeigten zwei englische Madrigalisten, Thomas Tomkins und John Wilbye. Des letzten Komposition gehörte zum feinsten und Empfindungstiefsten des Abends.

 

Als Zugabe folgte Klamauk vom Feinsten: Zarah Leanders "Ich steh im Regen und warte auf dich". Auch bei einer weiteren Zugabe lauschte das Publikum atemlos.