Konzert-Rezension: Wildes Holz

Sonderkonzert

Sonntag, 13. März 2005

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte

 

Tobias Reisige, Blockflöte

Anto Karaula, Gitarre

Markus Conrads, Kontrabaß


Westfälische Nachrichten vom 15.03.2005

von Dr. Johannes Hasenkamp

Trio beeindruckte durch umwerfende Spielfreude

"Wildes Holz" riss die Zuhörer beim Kammerkonzert im Bürgerhaus mit

Telgte. Die Musiker hatten schon befürchtet, die Telgter ließen sich abschrecken, weil "was mit Blockflöte" und das auch noch unter dem verrückten Titel "Wildes Holz" in dem Sonderkonzert des Kultur-Freundeskreises angeboten werden sollte. Sie täuschten sich. Das Bürgerhaus war am Sonntagabend mindestens so voll wie sonst, und die Zuhörer gingen in einer Weise mit, dass die Musiker sich nicht nur freuten, sondern angespornt fühlten.

 

Zudem wussten sie vielleicht nicht, dass erst vor sechs Wochen das Ensemble "Flautando" aus Köln mit vier Blockflötenspielerinnen im Bürgerhaus war. Die hatten doch überzeugend gezeigt, dass Blockflöten zu mehr als nur für Kinderlieder zu gebrauchen sind.

 

Thomas Reisige spielte in ständigem Wechsel eine ganze Familie dieser Holzröhren mit unregelmäßigen Löchern: Sopran-, Alt-, Tenor- und (Knick-)Bassflöte und dann noch deren Kleinkind, das Sopranino. Was jedoch sind sie gegen das Ungetüm von Kontrabass, das den Mittelpunkt des Trios bildete und von Markus Conrads gezupft wurde? Silbrig fein klang im Vergleich die Gitarre, die Anto Karaula behände fingerte. An diesem Abend war sie allerdings zu wenig verstärkt und blieb zu sehr im Hintergrund, solange sie kein Solo hatte.

 

Das Trio rockt, swingt und jazzt und bluest in einer Weise, dass die Hörer mitgerissen wurden. Klezmer-Rhythmus fehlte nicht. Den klanglich apartesten Part hatte indessen die Blockflöte. Da klangen glockige Töne, wuchsen lange besinnliche Linien, da zwitscherte es und schrillte, kam es aggressiv und zart, wechselten Klang, Rhythmus und Lautstärke ständig. Mit Zugaben waren es 23 Stücke. Wer will sie alle aufzählen?

 

Ganz schön heftig kam das Stück "Durch die Blume" daher, umfasste jedoch auch ein in sich versunkenes Gitarrensolo und demonstrierte, wie zart ein Kontrabass sein kann. Besonderen Applaus bekam "Ätsch", eine Komposition von Reisige. Es wurde sogar ein wenig familiär, denn die fast 95-jährige Großmutter des Kontrabassisten und des künstlerischen Leiters der Konzertreihe, Tobias Köhler, die offensichtlich ihren Spaß hatte, bekam ein Extrastück: "Die ruhige Kugel" aus der Feder von Conrads mit einem speziellen Kontrabasssolo - und ironisch braven Zügen.

 

Tobias Reisige spielte in der ersten Zugabe gar auf zwei Sopranflöten gleichzeitig und wechselte sie zwischendurch geschwind, spielte sozusagen über Kreuz.

 

Das war purer Spaß an der Freud', und darin gingen die Hörer schnell mit. Ob sie nun Bekanntes wie "Schalom", Klänge aus "Star Wars", aus Pippi Langstrumpf oder irische Lieder hörten oder neue Kompositionen.

 

Das Trio wechselte ständig in Soli und Tutti, entfaltete gemeinsam immer wieder neue Klänge, beherrschte virtuos seine Instrumente, entwickelte eine umwerfende Spielfreude, verstand sich bestens und wurde fast übermütig in kleinen Gags. Vor allem die viele klanglichen Möglichkeiten der Flöten ließen aufhorchen.

 

Es war ein besonderer Abend, unterhaltsam und auf höchstem Niveau.