Konzert-Rezension: Rainer Crosett & Viktor Soos

4. Kammerkonzert 

Sonntag, 7. Dezember 2025 

19.30 Uhr, Bürgerhaus Telgte 

Bassfeld 9 / 48291 Telgte

 

Rainer Crosett – Violoncello 

Viktor Soos – Klavier

Cellist Rainer Crosett und Pianist Viktor Soos überzeugten das Publikum als Duo. Foto: Axel Engels


Westfälische Nachrichten vom 8.12.2025

von Axel Engels

Technische Meisterschaft in gemeinsamer Musizierkultur

Kammermusikabend des Kulturfreundeskreises

Telgte. Der Kammermusikabend des Kulturfreundeskreises im Bürgerhaus, der ursprünglich als Trio-Konzert geplant war, verwandelte sich aufgrund der Erkrankung der Querflötistin Charlotte Kuffer in einen reinen Duoabend, der jedoch so geschlossen, lebendig und künstlerisch überzeugend geriet, dass das Publikum rasch das Gefühl gewann, nicht einem Ersatzprogramm, sondern einer bewusst gestalteten musikalischen Reise beizuwohnen. 

 

Der Cellist Rainer Crosett und der Pianist Viktor Soos griffen das spontane Format mit jener Mischung aus Professionalität und Spielfreude auf, die jeden Konzertabend zu einem Ereignis machen kann. Den Auftakt bildete Beethovens Cellosonate A-Dur op. 69, ein Werk, das in seiner Balance aus pastoraler Weite und innerer Dramatik als Meilenstein der Gattung gilt. 

 

Rainer Crosett eröffnete die berühmte unbegleitete Cellolinie mit einem Ton, der gleichermaßen warm, selbstbewusst und strukturell präzise war, während Viktor Soosim ersten Einsatz des Klaviers sofort die charakteristische Transparenz zeigte, die sein ganzes Spiel prägen sollte. 

 

Beide Musiker formten den Kopfsatz als Dialog, der die drei thematischen Bereiche deutlich hervortreten ließ, die Kontraste der Dynamik logisch entwickelte und den Molleinschub nicht als Fremdkörper, sondern als dramaturgische Spannungsschraube integrierte. Im Scherzo gelang ihnen jene federnde Schärfe, die den Satz zugleich rhythmisch pointiert und doch kammermusikalisch durchleuchtet erscheinen lässt. Das finale Allegro vivace breitete das Duo mit federnder Energie aus, wobei Viktor Soos’ präzise Akzentuierung dem Satz jene vitale Klarheit gab, die Beethovens Finali häufig auszeichnet. 

 

Mendelssohns „Lied ohne Worte“ op. 109 diente anschließend als lyrisches Intermezzo und zeigte Rainer Crosett als Meister des langen Atems: Seine Linien wirkten wie aus einem einzigen Bogenfluss geformt, und Viktor Soos begleitete mit jener milden Eleganz, die Mendelssohns Klangsprache ideal trägt. Der Übergang zu Debussys Cellosonate d-Moll, einem faszinierenden Spätwerk voller Ironie, barocker Reminiszenzen und harmonischer Verrätselung, markierte dann einen deutlichen atmosphärischen Wechsel. Der Prologue begann mit Viktor Soos’ souverän geformter, bewusst konturierter Klavierouvertüre, worauf Rainer Crosett mit seiner frei gesprochenen Kadenz antwortete. 

 

Das Duo schuf eine Szene, die keinen Augenblick impressionistisch verschwamm, sondern im besten Sinne ausdrucksstark blieb. In der Sérénade zeigte Rainer Crosett seine enorme klangliche Flexibilität, während Viktor Soos den musikalischen Raum dabei konsequent durchscheinend und rhythmisch federnd hielt. Das Finale geriet zu einem funkelnden Passacaglia-Bogen, in dem beide Musiker Debussys spezifisch französische Mischung aus barockem Erbe und moderner Motorik überzeugend herausarbeiteten. 

 

Den Abschluss bildete César Francks A-Dur-Sonate in der Fassung für Cello, eine Transkription, die Rainer Crosett mit bestechender Natürlichkeit spielte. Das Eingangsthema mit seinen fallenden Terzen phrasierten Rainer Crosett und Viktor Soos mit einer edlen Schlichtheit, die sofort jene Mischung aus emotionaler Wärme und strenger Architektur offenbarte, die Francks Musik so prägt. 

 

Besonders eindrucksvoll gelang der dritte Satz, das Recitativo-Fantasia. Rainer Crosett gestaltete das frei sprechende Rezitativ mit Intensität, während Viktor Soos ihm mit schimmernden Klangflächen antwortete, wodurch eine ganz besondere Atmosphäre entstand. Beide Musiker zeigten in ihrer gemeinsamen Interpretation nicht nur technische Meisterschaft, sondern auch eine bemerkenswerte gemeinsame Musizierkultur. 

 

Rainer Crosett, international aufstrebend und bereits mit bedeutenden Auszeichnungen versehen, überzeugte durch Leidenschaft, kluge Formgestaltung und einen Ton, der sich mühelos zwischen Eleganz und Feuer bewegte. Viktor Soos, vielfach preisgekrönt und weltweit konzertierend, präsentierte sich erneut als Pianist, der analytische Klarheit mit poetischem Sinn verbindet. 

 

Der Abend, ursprünglich als anderes Programm geplant, wurde zu einem Beispiel dafür, wie aus einer unvorhergesehenen Situation ein Konzert entstehen kann, das dank der künstlerischen Qualität zu einem Erlebnis wurde.